Resilienz (von lateinisch resilire ‚zurückspringen‘ ‚abprallen‘) oder psychische Widerstandsfähigkeit ist die Fähigkeit, Krisen zu bewältigen und sie durch Rückgriff auf persönliche und sozial vermittelte Ressourcen als Anlass für Entwicklungen zu nutzen. Mit Resilienz verwandt sind Entstehung von Gesundheit (Salutogenese), Widerstandsfähigkeit (Hardiness), Bewältigungsstrategie (Coping) und Selbsterhaltung (Autopoiesis).
Der Begriff Resilienz hat sich im Laufe der Zeit gewandelt: Früher bezeichnete Resilienz auch eine spezielle Eigenschaft von Personen (besonders Kindern), die ihre psychische Gesundheit unter Bedingungen erhielten, unter denen die meisten Menschen zerbrochen wären. In diesem Sinne wurde der Begriff zum Beispiel von Emmy Werner benutzt. Um ein Kind als „resilient“ zu definieren, wurden oft Merkmale der Lebensführung miteinbezogen. Häufig wurden etwa Kinder so bezeichnet, die – trotz Bedingungen wie Armut oder Flüchtlingssituation in der Kindheit – im Erwachsenenalter eine qualifizierte Berufstätigkeit ausübten, nicht mit dem Gesetz in Konflikt kamen und psychisch unauffällig waren. Später wurde die Bedeutung ausgeweitet. Dies ist mit der Erkenntnis verbunden, dass psychische Widerstandsfähigkeit nicht nur in Extremsituationen, sondern immer von Vorteil ist. Heute werden Menschen mit diesem Merkmal allgemein als resilient bezeichnet. Der Begriff wird nun zum Beispiel auch für Menschen verwendet, die mit Belastungen der Arbeitswelt in angemessener Weise umgehen und so ihre psychische Gesundheit erhalten.
Ursprünglich wurde mit Resilienz nur die Stärke eines Menschen bezeichnet, Lebenskrisen wie schwere Krankheiten, lange Arbeitslosigkeit, Verlust von nahestehenden Menschen oder Ähnliches ohne anhaltende Beeinträchtigung durchzustehen. Diese Verwendung des Wortes ist auch heute noch häufig. So werden zum Beispiel Kinder als resilient bezeichnet, die in einem sozialen Umfeld aufwachsen, das durch Risikofaktoren, wie zum Beispiel Armut, Drogenkonsum oder Gewalt, gekennzeichnet ist, und als Erwachsene dennoch zu einer erfolgreichen Lebensführung in der Lage sind. Resiliente Personen haben gelernt, dass sie selbst es sind, die über ihr eigenes Schicksal bestimmen (sogenannte interne Kontrollüberzeugung). Sie vertrauen nicht auf Glück oder Zufall, sondern nehmen die Dinge selbst in die Hand und haben ein realistisches Bild von ihren Fähigkeiten.
Auch Menschen, die nach einem Trauma, wie etwa Vergewaltigung, dem plötzlichen Verlust nahestehender Angehöriger oder Kriegserlebnissen nicht aufgeben, sondern die Fähigkeit entwickeln, weiterzumachen, werden als resilient bezeichnet.
In der heutigen Persönlichkeitspsychologie werden auch Menschen als resilient bezeichnet, die eines der drei häufigsten Big-Five-Persönlichkeitsprofile aufweisen, mit niedrigem Neurotizismus-Wert und leicht überdurchschnittlichen Werten in den vier übrigen Dimensionen. In der Längsschnittstudie von Asendorpf und van Aken wurden resiliente Kinder von ihren Erzieherinnen als anpassungsfähig, belastbar, aufmerksam, tüchtig, gescheit, neugierig und voller Selbstvertrauen beschrieben.
Das negative Gegenstück zur Resilienz wird Vulnerabilität genannt. Vulnerabilität bedeutet, dass jemand besonders leicht durch äußere Einflüsse seelisch zu verletzen ist. Vulnerable Personen neigen besonders stark dazu, psychische Erkrankungen zu entwickeln.
Wesentliche Faktoren, die Resilienz beeinflussen, sind personale Faktoren, Umwelteinflüsse und Prozessfaktoren. Zu den Umweltfaktoren gehören die Unterstützung durch die Familie, die eigene Kultur, die Gemeinschaft, das soziale Umfeld und die schulische Umgebung. Zu den personalen Faktoren gehören kognitive (z. B. Intelligenz, Deutungs- und Sinngebungs-Modelle der Realität, Religiosität) wie auch emotionale, also z. B. seine Fähigkeit, Emotionen und Handlungen zu kontrollieren, seine Selbstwirksamkeitserwartung, die Toleranz für Ungewissheit, die Fähigkeit, Beziehungen aktiv gestalten zu können oder die mehr oder weniger aktive Einstellung zu Problemen (Problemfixierung oder aber Problemlösungsorientierung). Zu den Prozessfaktoren gehören u. a. die wahrgenommenen Perspektiven, die Akzeptanz des Unveränderbaren und die Konzentration aller Energien auf das als nächstes zu Bewältigende und die dabei entwickelten Strategien.
Einige Gruppen von Menschen erweisen sich als besonders resilient in unterschiedlichster Hinsicht. Das sind in der Regel solche, die einen starken Zusammenhalt haben, eher kollektivistisch als individuell orientiert sind und sich durch starke Werte auszeichnen, die von den meisten Leuten aus der entsprechenden Gruppe geteilt werden (in der Resilienzforschung als shared values bezeichnet).
Resilienz darf nicht statisch interpretiert werden. Wie der Prozess der Traumatisierung ist auch die Entwicklung von Resilienz sequenziell interpretierbar. Außerdem können Faktoren oder Strategien, die in einer bestimmten Situation Resilienz fördern, in anderen Situationen eher hinderlich für die Entwicklung von Resilienz sein. So spielt Armut eine ambivalente Rolle für die Entwicklung von Resilienz. Auch können positive Anpassungsleistungen, die als Ausdruck von Resilienz und Wachstum von Ressourcen interpretiert werden, mit Selbstberuhigungs-, Vermeidungs- und Verdrängungsstrategien einhergehen, hinter denen sich erhebliches Leid verbirgt.
Merkmale kindlicher Resilienz und Möglichkeiten ihrer Förderung
Resiliente Kinder unterschieden sich durch eine Reihe von Eigenschaften von nicht-resilienten Kindern:
Es sind häufiger Mädchen als Jungen. Resiliente Jungen sind eher „untypische“ Jungen. Sie sind weniger aggressiv und mehr auf andere bezogen als nicht resiliente Jungen.
Intelligente Kinder sind tendenziell resilienter als weniger intelligente Kinder.
Resiliente Kinder sind oft Überleister, d. h. sie bringen bessere Schulleistungen, als es von ihrer Intelligenz her zu erwarten wäre.
Sie haben ihre Impulse eher unter Kontrolle als nicht resiliente Kinder und sind disziplinierter.
Sie sind eher in der Lage zum Belohnungsaufschub als nichtresiliente Kinder.
Resiliente Kinder sind anderen Menschen zugewandt, sie reagieren positiv auf Aufmerksamkeit.
Resiliente Kinder sind einfühlsamer und emotionaler als nichtresiliente Kinder.
Sie sprechen eher über ihre Gefühle.
Sie sind vertrauensvoller und weniger aggressiv.
Entgegen dem Vorurteil, das viele Leute vielleicht hegen, sind resiliente Kinder nicht hart im Nehmen oder „zäh“. Das Gegenteil ist der Fall, sie ersuchen andere eher um Hilfe als nichtresiliente Kinder und geben Schwächen eher zu.
Resiliente Kinder haben eine realistische Selbsteinschätzung und realistische Zukunftsvorstellungen.
Sie sind sozial angepasster als nichtresiliente Kinder, „leichter zu lenken“ und versuchen, den Erwartungen Erwachsener gerecht zu werden.
Sie sind interessiert an Menschen, Sachen und Ideen und lernen gerne. In der Regel gehen sie gerne zur Schule.
Sie haben eine stärkere interne Kontrollüberzeugung.
(Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Resilienz_(Psychologie). Abgerufen am 09.12.2019)